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AL-Amyloidose: Diagnostik, Vererbung und Heilungschance

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Mit I SEE BLOOD CANCER bietet Janssen eine besondere Online-Plattform für medizinisches Fachpersonal, um über Diagnosen und Behandlungen seltener hämatologischer Malignome zu informieren.

Die AL-Amyloidose

Die Amyloidose ist der Überbegriff für eine Reihe an Erkrankungen, denen allen ein Defekt in der Proteinfaltung zu Grunde liegt. Es gibt verschiedene Formen dieser Erkrankung, so unter anderem auch die AL-Amyloidose, bei welcher eine Fehlfaltung der Leichtketten im Körper vorliegt. Die Leichtketten-Amyloidose (AL-Amyloidose) ist eine seltene, schwerwiegende chronische Erkrankung und gilt als häufigste Form der Amyloidosen in industrialisierten Ländern. Leichtketten sind Bestandteile der Antikörper und somit Teil der Immunabwehr. Im Falle einer Amyloidose können diese Leichtketten jedoch unlösliche Faser, sogenannte Amyloidfibrillen, bilden, die sich in lebenswichtigen Organen aggregieren und ablagern und somit dramatische Folgen für Betroffene haben. Aufgrund vielfältiger, unspezifischer Symptome, ist es jedoch nicht einfach, die AL-Amyloidose zu diagnostizieren und entsprechend zu behandeln.


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Die Diagnosestellung der AL-Amyloidose


Die Diagnosestellung der AL-Amyloidose ist aufgrund der Vielfältigkeit der Symptome anspruchsvoll. Die Diagnose bei Patienten mit ersten Anzeichen kann ein Jahr oder länger in Anspruch nehmen und ca. ein Drittel der Patienten haben vor dem Befund schon mehrere Ärzte besucht. Studien zeigen, dass ungefähr 20 % der Patienten und Patientinnen mit AL-Amyloidose die Diagnose erst nach mehr als zwei Jahren erhalten. Eine frühe Diagnose ist jedoch prognostisch relevant und eine verzögerte Therapie oftmals mit schlechteren Therapieergebnissen verbunden. Eine ganzheitliche Betrachtung des Patienten unter Berücksichtigung aller Symptome ist bei der AL-Amyloidose entscheidend für einen frühen Befund. So sollte bei einer unerklärlichen Herzinsuffizienz, einem unerklärlichen nephrotischen Syndrom, einem ungewollten Gewichtsverlust, einer peripheren und autonomen Neuropathie oder einem Faktor 10-Mangel, der zu einer Gerinnungsstörung führt, der Verdacht auf AL-Amyloidose hoch sein.

Zu den wichtigsten Symptomen gehören:

Augen

  • Purpura periorbita

Mund

  • Makroglossie

Nervensystem

  • Symmetrische sensomotorische Polyneuropathie der unteren Extremitäten (Nervenerkrankungen an den Beinen und Füßen)
  • Karpaltunnelsyndrom (chronische Druckschädigung eines Nervs im Bereich der Handwurzel)
  • Haltungshypotonie (niedriger Blutdruck beim schnellen Wechseln von einer liegenden/sitzenden Position in eine stehende Position)
  • Erektile Dysfunktion (Potenzstörung)
  • Veränderungen der gastrointestinalen Motilität (Aktivität des gastrointestinalen Systems)

Herz

  • Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (Herzschwäche mit erhaltener Auswurfleistung der Herzkammern)
  • Verdickte Ventrikelwände (Wände der Herzkammern) und niedrige Spannungen in der Elektrokardiographie (Methode zur Messung der elektrischen Aktivität des Herzens)
  • Dyspnoe (Atemnot) im Ruhezustand oder bei körperlicher Anstrengung, Müdigkeit
  • Hypotonie (niedriger Blutdruck) oder Synkope (Kreislaufkollaps)
  • Peripheres Ödem (Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe, z.B. in den Beinen)

Leber

  • Erhöhte alkalische Phosphatase (Stoffwechselenzym, das als Indikator für Erkrankungen der Leber und der Gallenwege dient)
  • Hepatomegalie (abnorme Vergrößerung der Leber)

Magen-Darm-Trakt

  • Malabsorption (mangelhafte Aufnahme von Substraten aus dem Speisebrei) und Gewichtsverlust
  • Blutungen durch einen Mangel an Gerinnungsfaktoren
  • Durchfall
  • Verstopfung

Nieren

  • Proteinurie im nephrotischen Bereich (Krankhaftes Ausscheiden von Proteinen/Eiweiß über den Urin)
  • Nierenversagen
  • Peripheres Ödem

Die monoklonale Gammopathie als möglichen Ursprung einer AL-Amyloidose

Die überwiegende Mehrheit (90 %) entwickelt eine AL-Amyloidose aufgrund einer Plasmazellerkrankung mit Expression einer monoklonalen Gammopathie. Nur bei ca. 10 % der Patienten wird die AL-Amyloidose durch ein vorliegendes Multiples Myelom oder ein B-Zell-Lymphom ausgelöst.
Eine monoklonale Gammopathie ist definiert durch einen laborchemischen Nachweis kompletter oder inkompletter, monoklonaler Antikörper ohne klinische Symptomatik. Sie kann eine Vorstufe zur Entwicklung einer Amyloidose (aber auch eines Multiplen Myeloms oder Morbus Waldenström) sein, bei der schon entartete Zellen im Knochenmark vorhanden sind, diese in ihrer Anzahl aber noch sehr gering und noch keine Symptome feststellbar sind.

Bei Patienteninnen und Patienten mit der Neudiagnose einer monoklonalen Gammopathie wird ein Screening auf das Vorliegen einer systemischen Amyloidose mit Bestimmung des NT-proBNP, des Proteins/Albumins im Urin sowie das aktive Erfragen von B-Symptomen und polyneuropathischen/autonomen Beschwerden empfohlen.
Ebenso sollten bei Patienteninnen und Patienten, die sich mit amyloidosetypischen Beschwerden präsentieren, eine Proteinelektrophorese sowie eine Immunfixation im Serum und Urin durchgeführt und die freien Leichtketten im Serum bestimmt werden. Liegen eine Gammopathie und der Verdacht auf eine systemische Amyloidose vor, sollte diese im Gewebe durch eine Biopsie bestätigt werden.

Die monoklonale Gammopathie als möglichen Ursprung einer AL-Amyloidose
Man sieht eine Gruppe von B-Zellen.
Hämatologie

Als Teilgebiet der inneren Medizin, genauer der internistischen Onkologie, befasst sich die Hämato-Onkologie mit malignen (bösartigen) Erkrankungen des Blutes, der Lymphknoten und des lymphatischen Systems, wie Leukämien (z.B. Chronische Lymphatische Leukämie (CLL)) und Lymphome (Multiples Myelom und andere Lymphome).

Die Bauchfettgewebe-Biopsie gibt Aufschluss in der AL-Amyloidose


Die endgültige Diagnose der AL-Amyloidose ist anhand einer Gewebsbiopsie möglich, bei der die Amyloidablagerungen unter dem Mikroskop nachgewiesen werden. Zur Diagnostik eignen sich Biopsien des Unterhautfettgewebes oder Bauchfettgewebes, welche in der Regel unkompliziert sind und deren Sensitivität für eine AL-Amyloidose bei ca 80 % liegt. Aber auch gelagerte Gewebeproben, die zuvor für eine andere Untersuchung gesammelt wurden, können verwendet werden.
Ist die Diagnose einer systemischen AL-Amyloidose gesichert, sollten vor Einleitung der Therapie ein Assessment der involvierten Organe und eine Knochenmarkpunktion erfolgen. Neben einer Echokardiographie gehört auch ein Screening auf eine Nierenschädigung mittels Bestimmung der Albuminurie/Proteinurie sowie eine neurologische Untersuchung durch einen Spezialisten, der meist eine Elektroneuromyographie (ENMG) durchführt.

Wichtig für die Diagnose ist aber nicht nur der reine Nachweis der Amyloide, sondern auch die Bestimmung des Amyloidose-Typs, um festzustellen, welche Art von Eiweiss sich abgelagert hat. Danach richtet sich in einem weiteren Schritt die Behandlung.

Folgende Bestimmungsansätze kommen zum Einsatz:
  • Urinuntersuchung, zur Bestimmung der Eiweissmenge im Urin und dem Verhältnis von Albumin/Kreatinin.
  • Blutuntersuchung, zur Eruierung von: Blutbild, Elektrolyte, Leberwerte wie alkalische Phosphatase und Gamma-GT sowie Immunglobuline.
  • Immunhistochemische Untersuchungen: Ist Amyloid vorhanden, kann es mit der Kongorot-Färbung nachgewiesen werden. Zur Typisierung bedarf es somit einer immunhistochemischen Analyse. Sollte der Befund anhand der Kongorot-Färbung nicht konklusiv sein, ist es möglich, die Probe an ein Referenzzentrum zu senden.
  • Gentest, etwa beim Verdacht auf familiäre ATTR-Amyloidose
  • Ultraschalluntersuchung (Sonografie)
  • Röntgenuntersuchung
  • Elektrokardiografie (EKG) und Herzultraschall (Echokardiografie)
  • Computertomografie (CT)
  • Magnetresonanztomografie (MRT = Kernspintomografie)
  • Lungenfunktionsprüfung, wie die Spirometrie
  • Endoskopie
  • Elektromyografie (EMG) – um die Muskelfunktion zu überprüfen
  • Elektroneurografie (ENG) – zum Test der guten Leitfähigkeit der Nerven
  • Skelettszintigrafie – ein nuklearmedizinisches Verfahren, mit dem sich eine erhöhte Stoffwechselaktivität in den Knochen nachweisen lässt.

Die vererbte ATTR-Amyloidose


Nebst der AL-Amyloidose gibt es weitere Ausprägungen dieser Erkrankung. Sie alle haben gemeinsam, dass es zu Amyloidablagerungen im Körper kommt. Bei der AL-Amyloidose bestehen diese Ablagerungen aus veränderten Leichtketten, wobei erbliche Faktoren keine Rolle spielen. Die Ursache einer AL-Amyloidose liegt oft in einer Knochenmarks- oder Lymphdrüsenerkrankung. Bei der AA-Amyloidose kommt es hingegen zu einer vermehrten Bildung des Amyloid-A-Proteins. Diese Form geht häufig mit chronischen Entzündungen einher, wie zum Beispiel die rheumatoide Arthritis oder die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Eine weitere Form der Amyloidose ist die ATTR-Amyloidose, die im Rahmen einer monogenetischen Erkrankung familiär vererbt werden kann. Bei dieser Form der Amyloidose verursacht ein Übermass an normalem oder mutiertem Transthyretin (TTR) die Amyloidablagerungen. Der Erbgang ist autosomal-dominant, betrifft weltweit nur ungefähr 5‘000 bis 10‘000 Menschen und fällt daher in die Rubrik der orphan diseases. Wärend die ATTR-Amyloidose in verschiedenen Regionen der Welt, wie etwa Japan, Schweden und Portugal gehäuft vorkommt, ist dies für die Schweiz nicht zutreffend.
Inzwischen sind jedoch schon mehr als 100 Veränderungen des Transthyretin-Gens bekannt. Durch diese Mutation bildet vor allem die Leber das fehlerhafte Transthyretin. Es ist für den Transport des Schilddrüsenhormons Thyroxin und des Retinols zuständig.

Die bekanntesten Erscheinungsformen der ATTR-Amyloidose sind:
  • Familiäre Amyloid Neuropathie (FAP): Die häufigste Genveränderung ist die Val50Met Mutation im Transthyretin-Gen (TTR-Gen). In Portugal und Japan tritt die FAP am häufigsten zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auf, in Schweden bei den 50- bis 60-Jährigen. Typisch bei der FAP sind Neuropathien und Schäden am Herz. Aber auch der Magen-Darm-Trakt und die Augen können betroffen sein. Die Nieren sind nur bei ungefähr 10 % der Patienteninnen und Patienten befallen, die Leber nie.
  • Familiäre Amyloid Kardiopathie (FAC): Die häufigste Mutation des TTR-Gens sind Leu111Met und Val122Ile. Das krankhafte Eiweiss Transthyretin lagert sich bei der FAC nahezu ausschliesslich im Herzen ab. Die ersten Symptome entstehen in der Regel ab dem 60. Lebensjahr. Manchmal geht der Herzerkrankung ein Karpaltunnelsyndrom voraus.
  • Die ATTR-Amyloidose kann auch durch eine spontane Veränderung des Transthyretin-Proteins auftreten (erworbene oder Wildtyp-ATTR-Amyloidose = ATTRwt-Amyloidose). In diesem Fall spielt die Vererbung keine Rolle, da keine Mutation zugrunde liegt. Diese Amyloidose-Ablagerungen betreffen hauptsächlich den Herzmuskel, sodass der Patientinnen und Patienten erst meist eine Herzinsuffizienz verspürt. Aus Autopsien schliessen Spezialistinnen und Spezialisten, dass die Diagnose der ATTRwt-Amyloidose oft nicht zu Lebzeiten gestellt wird. Die Zahl der Betroffenen könnte also höher liegen als bisher angenommen.

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Prognose - Heilungschancen

Erfreulicherweise hat sich die Prognose der systemischen Amyloidose in den letzten Jahren durch bessere Therapieoptionen und frühere Diagnosestellung verbessert.
Derzeit besteht der Konsens darin, Patienten mit Plasmazell-gerichteten Therapien zu behandeln. Das Ziel der Behandlung ist es, die Leichtkettenproduktion zu reduzieren, was die Erhaltung der Organfunktion unterstützt und letztendlich die Prognose verbessern kann. Trotzdem bleiben in fortgeschrittenen Stadien die schlechte Verträglichkeit der Chemo-/Immuntherapie und das geringe mediane Überleben eine Herausforderung für alle Behandler.

Die Therapie der AL-Amyloidose wird von der des Multiplen Myeloms abgeleitet. Die Chemotherapie ist die einzige Behandlung, mit der ein Rückgang der freien Leichtketten im Serum, eine Remission, erreicht werden kann. Abhängig vom Alter und Allgemeinzustand des Patienten wird mit normal-dosierter Chemotherapie oder Hochdosis-Chemotherapie mit Transplantation eigener (autologer) Stammzellen behandelt. Patienten mit AL-Amyloidose sollten aber mit geringeren Chemotherapie- und Cortisondosierungen als Myelom-Patienten behandelt werden, da mit mehr Nebenwirkungen im Rahmen der Organschädigungen zu rechnen ist.

Neben dem Zeitpunkt der Diagnosestellung, den zytogenetischen Veränderungen der klonalen Plasmazellen und der Höhe der betroffenen Leichtketten ist die kardiale Beteiligung ausschlaggebend, um eine Aussage über die Prognose der AL-Amyloidose bei einem Patienten treffen zu können. Die Vorhersage ist ungünstiger, je mehr Organe betroffen sind. Es gibt verschiedene validierte Prognose-Scores, die helfen, das individuelle Risiko abzuschätzen. Beim revidierten Mayoklinik- Score werden das NT-proBNP, das Troponin und die Differenz der betroffenen zur nicht betroffenen Leichtkette berücksichtigt und eine Aussage über die mediane Überlebenswahrscheinlichkeit getroffen (zwischen 5.8 und 94.1 Monate). Im Europäischen Staging-System fliessen Troponin T und NT-proBNP in die Stratifizierung mit ein.

Prognose - Heilungschancen

Fazit

Fazit

In den letzten Jahren ist es zu einer weiteren Zunahme der Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit AL-Amyloidose gekommen, da sich auch die Behandlungsmöglichkeiten des Multiplen Myeloms erweitert haben. Eine frühe Diagnose der Amyloidose ist nach wie vor die wichtigste Voraussetzung für die Anwendung einer effektiven Therapie. Die Chance der Früherkennung besteht insbesondere bei Patienten, bei denen eine monoklonale Gammopathie bereits bekannt ist und die deswegen regelmässig ihren Hämatologen aufsuchen.

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CP-363117 October 2023